Des Sprudels Kern

Was ich so mache, wenn mir im Urlaub langweilig ist: Zum Beispiel eMails schreiben. In diesem Fall an einige in der deutschen Blogosphäre wohlgelittene Mitglieder eines bekannten Publikationsnetzwerks, welches in seinen Kernblogs mit Schleichwerbung für ein Mineralwasser einigen Leuten, sagen wir mal, übel aufgestoßen ist. Hier die vor wenigen Minuten versendete Mail im Wortlaut:

Sehr geehrtes Mitglied des Glam Publisher Networks,

vielleicht, nein wahrscheinlich sogar, wissen Sie ja, dass der Investigativblogger Mathias Richel in mehreren Beiträgen sowohl des “Glam FASHION Blogs” als auch des “Glam BEAUTY Blogs” rund um die Fashion Week Berlin Ihres Partners glam.de/ die Wasser-Marke “Vöslauer” mehr oder weniger geschickt im redaktionellen Kontext platziert gefunden hat, ohne dass darauf hingewiesen worden wäre.

Den betreffenden Beitrag finden Sie hier: http://is.gd/dBUJl.

Meine Fragen dazu:
* Wie wichtig ist Ihnen die Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt, auch bei Ihrem Vermarktungspartner?
* Warum haben Sie sich zu diesem unlauteren Vöslauer-Engagement in Glam-Blogs nicht öffentlich geäußert?
* Stört es Sie nicht, dass von Ihrem Partner für das Clipping bewusst Falschaussagen zu Gunsten der Vöslauer-Platzierung getroffen worden sind, die erst später korrigiert worden sind? (Stichwort Camper-Frühstück)

Über eine zeitnahe Antwort würde ich mich sehr freuen. Darüber hinaus möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass ich die Mail und Ihre möglichen Antworten veröffentlichen werde.

Mit freundlichen Grüßen
Hendrik Spree

Ich bezweifle ja, daß jemand der Angeschriebenen so dämlich ist, auf meine dahingerülpste Mail zu antworten. Versteht mich nicht falsch: Ich finde die Aktion von Vöslauer und glam.de/ alles andere als korrekt, aber man kann es mit der Aufregerei auch übertreiben. Und das sage ich als Typ, der sonst auch gerne das Maul aufreißt.

Update // Das nenne ich gute Reaktionszeit! Hier also die ersten Antworten von amypink.com/

Hallo Hendrik,

meine persönliche und ehrliche Antwort, warum wir uns wegen diesem digitalen Waterloo nicht öffentlich geäußert haben:

Weil es uns ziemlich am Arsch vorbei geht.

Du darfst mich gerne so zitieren, das hilft unserem Image mal wieder auf die Sprünge.

Viele Grüße aus Berlin,
dein Marcel

… und nerdcore.de/:

Hi Hendrik,
hatte ich am Rande mitbekommen, aber ehrlich gesagt interessiert mich
mein Vermarkter nur so weit, wie er Banner schaltet und entsprechend
zahlt. Das sonstige Geschäftsgebaren ist zwar doof, tangiert mich aber
wortwörtlich nur periphär ;)

“Wie wichtig ist Ihnen die Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt, auch bei Ihrem Vermarktungspartner?”

Siehe oben: Bei mir gibts ne klare Trennung, was die bei sich treiben
ist mir wuppe.

“Warum haben Sie sich zu diesem unlauteren Vöslauer-Engagement in Glam-Blogs nicht öffentlich geäußert?”

Weil’s mich nicht interessiert und das Thema, mit Verlaub, gähnend
langweilig ist ;)

“Stört es Sie nicht, dass von Ihrem Partner für das Clipping bewusst Falschaussagen zu Gunsten der Vöslauer-Platzierung getroffen worden sind, die erst später korrigiert worden sind? (Stichwort Camper-Frühstück)”

Sagen wir’s mal so: Mein Bild von Glam hat sich verfestigt. Aber auch
das ist mir ziemlich egal, ich stehe mit denen praktisch nicht in
Kontakt und die Vermarktung läuft weitgehend automatisiert ab. Was da
sonst läuft, ist mir wuppe.

lg
René

Find’ ich gut. Sehr sympathisch.

Noch ein Update // Auch von sexdrugsblognroll.com/ ist eine Antwort eingetroffen:

Hey Hendrick,

eigentlich wollte ich die Mail ja an die zuständige sdbr-Mineralwasser-Redaktion weiterleiten, da sich unser Kohlensäure-Ressort aber bedauerlichweise gerade in einem Marketing-Bootcamp in einem abgelegenen Dschungel aufhält, kommt die Antwort von mir.

Glam kümmert sich um unsere Bannerwerbung, wir um unsere Inhalte. Das ist alles.
Ansonsten stehen wir nicht mal an der Haltestelle des Busses, in dem die Leute sitzen, die das Sprudelthema interessiert. :)

Liebe Grüße
Lia

Viel später // Am 28.07.2011 dann dieser Artikel auf focus.de/ – Vöslauer ist geschmacklich von der Stiftung Warentest mit mangelhaft bewertet worden.

9 responses to “Des Sprudels Kern

  1. Mail an Mitglieder des Glam Publisher Networks zum Fall Vöslauer. https://drikkes.com/?p=1298 Mit Antworten von @amyandpink + @nerdcoreblog.

  2. Verdammt. Marcel ist viel eloquenter als ich. ;D

  3. Deshalb ist er wohl auch zwei Minuten schneller mit der Antwort gewesen. Aber dämlich ist keine von beiden, den Satz habe ich im Post gerne gestrichen.

  4. Du schreibst heute noch darüber einen Beitrag und den zweiten zum Thema nacheinander? Das ist mehr Aufmerksamkeit, als es mir selbst wichtig war …

    Den eigenen Blogpost habe ich übrigens nur deshalb veröffentlicht, weil ich zwecks Verlinkbarkeit mehrfach darum gebeten wurde. Und das auch erst nach dem der hoch geschätzte Herr bosch seinen sehr humoristischen Beitrag zum Thema verfasste. Zuvor spielte sich das ganze nur auf Twitter in vier Posts ab und die Mail gab es nur als Twitpic.

    Ich hatte das also nur ein kleines Pflänzchen im Welt des PR-Scums gesehen. Wenn jetzt in ein paar Tweets noch ab und zu das Wort Vöslauer deplazieren, um so lustiger.

    Spannend allerdings fand ich dann doch noch, dass unter meinen Blogpost eine Mitarbeiterin von Glam Media verdeckt pöbelte. Das hat allerdings auch nur mein Bild gefestigt.

    Nichts für Ungut.

  5. Wie geschrieben: Langeweile. Und die ist ja selten gut.

    Ob nun schlechte PR besser ist als gar keine PR, darüber läßt sich streiten. Ohne den Shitstorm wäre ich vielleicht nie auf die ab einem bestimmten Zeitpunkt für mich kostenlose App Navigon aufmerksam geworden.

  6. Außer vielleicht durch die flächendeckende Bewerbung seitens der Telekom …

    Das war damals nun aber tatsächlich jede Aufregung wert, die im Übrigen dazu geführt hat, dass sich Navigon sehr um Lösung dieses eher technischen Problems bemüht und es dann tatsächlich auch geschafft hat, den zahlenden Kunden einen Ausgleich zu geben.

    Beides kann man nicht vergleichen. Zumal hier ja nicht Vöslauer Fehler machte, sondern bezahlte Autoren journalistisch unsauber gearbeitet haben und das in einem professionellen Publisher-Umfeld. Das kann man anprangern. Mich ärgerte besonders, dass das was mich an meinem damaligen Volontärs-Mode-Magazin schon kritisierte, nämlich die omnipräsente PR-Arbeit im redaktionellen Teil, heute dankbare Wiederholung in einigen Fashionblogs findet.

    Das mag ja ein gewachsenes Strukturproblem dieser Branche sein, gut finden muss ich das allerdings nicht.

  7. Das stimmt natürlich alles, da widerspreche ich überhaupt nicht. Aber genauso kann ich an Deiner uneingeschränkten Selbstlosigkeit zweifeln, Mathias – die ich hier leider stellvertretend anführe. Sorry.
    Auch wenn Leute Dich dazu ermutigt haben, also ich kann nicht nur Blogposts, sondern auch Twitpics verlinken. Nur gibt es da keine Ping- und Trackbacks für. Und die Posts über Vöslauer oder Navigon werden nicht Deine am seltensten angeklickten sein. Manchmal reichen Retweets einfach nicht mehr.
    Daß mir nach zwei Posts zum Thema die eigentliche Mineralwasserangelegenheit fast so sehr am Arsch vorbeigeht wie den oben zitierten Glammies, mußt Du mir nicht glauben. Daß ich mit meiner Aufregerei über die Skandalisierungen anderer letztlich in dieselbe Kerbe schlage, trifft schon eher zu. Nur stelle ich das nicht in Abrede.

  8. Du überschätzt die Wirkung dieses Vöslauer-Dings sehr. Da ist niemand aufgesprungen, weil das die meisten wohl in der Gewichtung ähnlich einschätzten, wie zum Beispiel René. Bis auf boschs Beitrag und den meinigen sind mir keine weiteren Artikel bekannt. Das hatte sich auch schon in den Twitterreaktionen davor abgezeichnet. Es war eher belustigend, wie plump die Autorinnen vorgingen. Wie gesagt, ich selbst finde das nicht so aufregenswert, wie von dir unterstellt. Und ja, deshalb tatsächlich zunächst nur auf Twitter, weil ich weiß, dass ein Post mehr Wumms erzeugen könnte (siehe eben Navigon, oder Twitterwalls). Und natürlich war das nicht selbstlos, auch nicht auf Twitter: Ich wollte mich ja aufregen und ich wollte, dass das andere Menschen mitbekommen. Aber dafür hatte ich mich, der tatsächlichen Dimension dieses Themas angemessen, zunächst für einem anderen Kanal entschieden. Hätte ich auch so gelassen, wenn eben nicht wirklich eben anders gewünscht. Würde ich heute so auch gar nicht anders machen, nur wahrscheinlich witziger. So wie eben der Herr bosch.

  9. Der vor Dir erwähnte Kommentar auf Deinem Blog ist wirklich unter aller Kanone. Und wie dämlich sich die glam-Redakteure angestellt haben, hat bosch tatsächlich gut auf den Plump gebracht. Allerdings in einiger Schräglage: Ich habe zwar nicht alle glam-Posts gelesen, in denen der Name Vöslauer auftaucht, aber mir scheint es, daß der Produktname meistens “nur” Erwähnung findet und das Sprudelwasser nicht offensiv beworben wird.

    Ist natürlich auch ein doofer Nachteil von Text, zumindest für die Schleichwerbeindustrie: Im Bewegtbild muß halt irgendein konkretes Bier getrunken werden, wenn in einem Artikel statt “Bier” “Beck’s” steht, dann hat das direkt einen seltsamen Nachgeschmack. Im TV wirkt das andersrum eher komisch, wie ich finde. Da fiktive Produkte hinzustellen, ist doch auch albern.

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