nur so ein vorschlag

Untertitel: Über den Altmodernismus von quote.fm/

Der Zitierdienst macht in diesem Internet vieles richtig. Tut, was er soll; einfach zu bedienen; sieht schick aus – die Liste ist lang, Ihr braucht bestimmt nicht lange googlen, um Lobeshymnen anderswo zu lesen. Ich nutze ihn ja schließlich auch. Verdammt, einzig wegen der quote.fm/-Integration lese ich meine abonnierten RSS-Feeds mit Reeder. (Kann ich ebenfalls nur empfehlen.) Aber natürlich habe ich auch was zu meckern.

Die vorgegebenen Topics lesen sich wie die Ressortliste einer Zeitung. Zur Verdeutlichung übersetzt: Politik, Feuilleton, Kunst und Kultur, Wirtschaft, Sport, Karriere oder Chancen oder wie dieser dünne Pseudoredaktionsteil vor den Stellenanzeigen heißt, Erziehung und Arbeit, Wissenschaft und Technologie (“Wissenschaft und Technik” – so heißt doch eine Fragenkategorie bei Trivial Pursuit, oder nicht?) sowie der ganze seichte Ramsch, der bei der ZEIT etwa ins Magazin gepackt wird Unterhaltung, Leben. Eigentlich wollte ich hinter “Ressortliste einer Zeitung” noch “aus dem letzten Jahrhundert schreiben”. Allein, das klänge ja nach einem Pleonasmus à la “runder Kreis”.

So what’s the deal? Von Anfang an hat quote.fm/ einen elitären Ansatz gefahren, der jedem etablierten Printmedium gut zu Gesicht stünde – was ja auch per se nichts Schlechtes sein muß. Das sehr begrenzte Einladungskontingent zum Start etwa wurde damit begründet, die Qualität der Empfehlungen hochhalten zu wollen; für Neueinsteiger gab es dann erst einmal nur ReadOnly-Accounts. Okay, kann man machen. Mit branch.com/ und medium.com/ fahren zwei vielbeachtete Start-ups der letzten Zeit einen ähnlichen Ansatz. Und natürlich finden sich Kritiker, die es besser wissen.

Problematischer wird es beim Punkt – Buzzwordalarm – Curating. Unter dem (ich schreib jetzt nicht: verräterischen) Titel Let’s bring down some democratic structures berichtet einer der Gründer selbst von Schwierigkeiten mit diesem “Feature”. (So der Name der Kategorie, in welcher der Blogpost eingeordnet ist. Den “not a bug”-Witz spare ich mir ebenfalls.)

Well, that didn’t play out exactly as well as we intended. Sure, on the one hand people used the voting system and users were happy to function as curators for a month, but on the other hand the feature didn’t have an impact big enough to justify all the crap around it. There were a couple of users who had enlisted themselves – and there was a whole bunch who didn’t. There was the voting page, which was kind of hidden, however not important enough to be featured anywhere else…

Dafür habe ich sicher keine Lösung parat, aber vielleicht sollte man, statt hier und da daran herumzudoktorn, den Kuratorengedanken vielleicht etwas hinten anstellen, wenn schon nicht vollends verwerfen und sich eines der erfolgreichsten Start-ups der letzten Jahre zum Vorbild nehmen: pinterest.com/. Und zwar nicht dessen oftkopiertes grid-based Design, sondern das in seiner Inkongruenz noch einmal fragmentarisierte Followers/Following-Verhältnis.

Inkongruenz meint den Unterschied zwischen Twitter und Facebook, d.h. Follower- vs Friendship-Prinzip – obwohl Facebook das mit der Möglichkeit von Subscriptions teilweise ausgeglichen hat. Grob gesagt, abonniert wird nicht auf gegenseitiger Basis. Das hat definitiv seine Vorteile und quote.fm/ macht das ja auch genauso. Es geht aber noch eine Spur feiner, wie das Beispiel pinterest.com/ zeigt. Da wären zum einen die an individuelle Bedürfnisse anpassbaren Board-Kategorien, wie man beim Vergleich beider Bookmarklets sieht. Während ich mir bei pinterest.com/ noch beim Abspeichern jedes einzelnen Pins ein neues Bord schnitzen kann, stehen mir bei quote.fm/ lediglich die vornherein vorgegebenen Topics zu Verfügung. Mir ist klar, daß sich in Eigenregie kreierte Topics und das Kuratorenprinzip weitgehend ausschließen, aber ein Kompromiß sollte dennoch möglich sein. So wie man bei pinterest.com/ ja auch nicht bei Null anfängt, sondern fünf vorgegebene Boards hat (favourite places & spaces, products I love, etc.), so könnten die Default-Topics bei quote.fm/ ja uneditierbar bleiben, nur dadurch ergänzt, daß man zur Basisausstattung noch welche hinzufügen kann. Oder man macht den Usern deutlich: Wenn Du die Default-Topics veränderst, fällst Du automatisch aus dem Kuratorenraster. (Wie selten die Edit-Funktion genutzt wird, sieht man hier.)

bookmarklets quote.fm pinterest

Und da habe ich noch gar nicht von den Möglichkeites des Taggings angefangen, wie man sie etwa von del.icio.us/ kennt. Die wiederum interessanterweise ihre noch gar nicht so alten Stacks eingestellt haben. Konnte man denen bei del.icio.us/ eigentlich einzelnen davon folgen statt dem Komplettuser? Das selektive Following nur bestimmter Boards ist meines Erachtens der große Vorteil von pinterest.com/, wird dort allerdings ebenfalls äußerst selten genutzt. Das wäre meiner hier schnell dahingeworfenen und keineswegs vollkommen durchdachten Meinung nach auch ein guter Ansatz, den Kuratorengedanken (sogar unabhängig von der Frage einer Customisation) wirklich zu demokratisieren – und zwar richtig, nicht nur ein bißchen.

Zusammenfassung

Deshalb hier die Ansage: Ja, ich möchte die Topics bei quote.fm/ individuell editieren können. Und ja, ich möchte bei manchen Usern nur bestimmten Topics folgen. Now: discuss!

3 responses to “nur so ein vorschlag

  1. Hiiii, ich antworte einfach mal hier und nicht auf Facebook, hoffe, dass das okay ist. Danke für die netten Worte und den Beitrag insgesamt. Meine Antworten dazu in Kompaktform:

    1) Die Topics sind grob gehalten, weil es um Discover geht, ums entdecken. QUOTE.fm soll kein Tool sein, kein Werkzeug, mit dem man aktiv nach Texten sucht und diese findet. Kein Recherchetool, das man zur Arbeit einsetzen kann. Zumindest nicht in erster Linie. Wenn ich meinen RSS Reader öffne, erschlägt mich die Menge an Techblogs, die sich um Smartphones und Apple drehen. Das ist nett, aber langweilt auch. Alle anderen Seiten beschäftigen sich damit, wie du noch mehr von dem finden kannst, was du überall schon bekommst und magst. QUOTE.fm beschäftigt sich damit, wie du Dinge finden kannst, von denen du noch nicht weißt, dass du sie magst.

    2) Wir bauen aktuell an einem Redesign von Discover und einem vollkommen neuen Feature, das wir Reading Lists nennen. Künftig kannst du Texte in Listen einordnen und denen dementsprechend ein Thema geben. “Texte über Omas auf Hühnern”, zum Beispiel. Vielleicht entspricht das grob dem, was du dir vorgestellt hast? :)

    <3

  2. Klar geht das klar, danke für die Antwort.
    1) Wird die Topicsauswahl unter ‘Discover’ denn häufig genutzt? Entdeckungstool sein zu wollen, das ist ja schon ein hehres Ziel. Und Eure Abgrenzung zu anderen Diensten hört sich sehr plausibel an. Aber sind diese grob gehaltenen Begriffe wirklich der Klickmagnet? Ich spreche ganz konkret von dieser Textlinkaufzählung am Seitenanfang. Ist das, Grundphilosophisches mal beiseite, wirklich der Weg, (quote) “Dinge finden zu können, von denen die User noch nicht wissen, daß sie sie mögen”?
    2) Hätte ich mir mal den zweiten Punkt durchgelesen, bevor ich auf den ersten rückgeantwortet habe. Das hört sich sehr interessant an. Ich warte gespannt.
    Viel Erfolg!

  3. Bei den vorgegebenen Topics habe ich oft das Problem, dass ich nicht weiß, wo ich etwas hinsortieren soll. Wenn jetzt jemand eine ganz lustige Geschichte aus dem Leben erzählt, ist das dann “Life” oder “Entertainment”. Sind so Themen wie Urheberrecht “Technology” oder “Culture” oder “Politics”. Das ist nicht schlimm, aber manchmal denke ich, ich nehm dann einfach was und es ist einfach egal.

    Man könnte das so lösen (wenn man denn wollte), dass man eigene Kategorien erfinden darf, diese dann aber einer vorgefertigten Kategorie zuordnen muss. Ich könnte mir also eine Kategorie “Music” basteln und sagen, dass das grundsätzlich zur Kategorie “Culture” (oder “Entertainment”) gehört. Oder man ermöglicht den Leuten, mehrere Kategorien für einen Beitrag auszusuchen.

    Auf der anderen Seite gucke ich eigentlich immer nur auf die Ansicht der Leute, denen ich folge und brauche die Kategorien selber gar nicht.

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