Von Emotionen und Simulationen

Quer durch Social Media die neue Gretchenfrage „Nun sag’, wie hast du’s mit KI?“ Wobei es in meinen Timelines je nach Netzwerk sehr unterschiedlich postuliert/diskutiert wird. Auf Mastodon wird KI – mit einer Ausnahme – grundlegend verteufelt. Die meisten Leute dort werden nicht müde, wahlweise Nutzung für rechte Propaganda, sinkende Qualitätsstandards, Mißbrauch des Datenschutzes, Treiber des Klimawandels, Korrumpierbarkeit in der Tech-Branche oder gleich den kompletten Tod der Kreativität anzuprangern. Viele scheinen einen wohligen Schauer dabei zu empfinden, wenn sie immer wieder Links zum nächsten Artikel teilen, der erneut die Schlechtigkeit von AI beweist. Und sie kosten ihre unverhohlene Schadenfreude aus, wenn die nächste Nachricht von immensen Verlusten bei OpenAI die Runde macht oder Grok was total Falsches zusammenphantasiert hat.

Auf LinkedIn sieht die Sache, meiner Profession und meinen beruflichen Interessen geschuldet, ganz anders aus. Da teilt sich meine Timeline klar in zwei Lager – aber womöglich ist es sogar ein und dasselbe? Auf der einen Seite werden die theoretischen Meilensteine der KI von ChatGPT bis Midjourney frenetisch bejubelt. Wow, was damit schon alles möglich sei! Leute inszenieren sich als Prompt Wizards und feiern jeden ihrer neuen Agents als den effizientesten Heiland ever.

Auf der anderen Seite wird jeder neue praktische Output verrissen. Jüngstes Beispiel: Prinzen Rolle.

Oder dieser Muttertagsspot von Stepstone. Zurecht, denn das kommt beides sehr seelenlos daher. Ich denke, der noch billigere Ersatz von Stockmaterial ist nicht die beste Einsatzmöglichkeit von wahrscheinlichkeitsgetriebenen Bild- und Videogeneratoren.

Als Werbetexter arbeite ich mehrmals die Woche mit KI, meistens nutze ich Perplexity. Aus rein kreativer Sicht lässt der Output zu wünschen übrig – sowohl handwerklich, als auch die Originalität betreffend. Allein, was die KI alles in einen 20-sekündigen Commercial packt… So sehr man die Prompts auch verfeinert – am besten verwendet man die gelieferten Texte als reinen Startpunkt, wenn einen mal wieder die Angst vor dem weißen Blatt überkommt.

Als strategischer Sparringspartner, wie ihn Gerald Hensel auf LinkedIn beschreibt, kann KI mittlerweile einiges. Das wissen allerdings auch viele werbetreibende Kunden inzwischen, und die fragen sich natürlich, für was sie ihre Agentur eigentlich bezahlen.

Hier einige mitunter widersprüchliche Links zum Thema Arbeit und AI, die mir in letzter Zeit untergekommen sind:

Und noch einige mehr, die das Thema KI gesellschaftlich weiter fassen:

Es gibt natürlich tausend Artikel, in denen man erfährt, dass der gesamte KI-Sektor so viel Energie und Wasser verbraucht wie beispielsweise Belgien, das ist sehr abstrakt und kaum fassbar. Ich hatte in irgendeiner Timeline mal einen konkreten Vergleich, der die Nutzung von KI-Tools ins Verhältnis zu, ich glaube, einem Langstreckenflug gesetzt hat. Da kam ungefähr raus, der Verzicht auf einen einzigen Thailand-Urlaub kompensiert zehntausende ChatGPT-Anfragen. Nach kurzem Googlen habe ich die Quelle nicht gefunden – und ich werde einen Teufel tun, etwa Deepseek danach zu fragen.


3 responses to “Von Emotionen und Simulationen

  1. Gute Zusammenfassung, vielen Dank!

    Was bei der Diskussion darum, was KI denn nun für uns bedeutet, zum Beispiel an deinem Beispiel in der Werbebranche,wird nicht gefragt, was sie uns bedeuten sollte.

    Es ist ein Problem in der Art, wie wir Zukunft verstehen. Als gesetzte Sache.
    Beispiel: Jemand entwickelt LLMs. Wir denken dann so: Wenn es jetzt LLMs gibt, entwickelt sich die Zukunft genau so. If this than that.

    Das ist aber überhaupt nicht so. Zukunft als solche gibts nicht. Es sind Möglichkeiten. Darum sprechen Zukunftsforscher von Zukünften.
    Möglichkeiten kann man ergreifen, aber auch verwerfen.

    Darum muss es insgesamt darum gehen, welche Zukünfte für uns sinnvoll erscheinen, und welche davon möglich sind.

    Wir lassen uns all zu oft in die Zukunftsnarrative der anderen ein. Die wollen ein Produkt verkaufen. Darum kommunizieren sie so.

    Die wichtigste Frage ist aber: Welche Zukunft ist für dich wünschenswert? Darum lohnt es sich zu kämpfen.

    (Deine Blog-Typo ist übrigens sehr geil)

  2. Thanks, I’m a sucker for >> MONOspace!

    Klar, muß nicht alles Wirklichkeit werden, nur weil es technisch machbar ist. Die Gesellschaft kann da ja etwa durch gesetzliche Regulatorik gegensteuern. Denn daß der Markt Artificial Intelligence von alleine regelt, dafür wird da einfach zu viel Geld reingepumpt. Ich glaube, im Gegensatz zu weitgehend geplatzten Blasen wie Metaverse oder NFTs ist AI inzwischen einfach too big to fail. Wir werden sehen, wo die Reise hingeht, wenn auch dem Letzten die Einsicht dämmert, daß sich die überall investierten Unsummen niemals absehbar amortisieren werden…

  3. @drikkes Ich fange jetzt sicher nicht an, unter diesem Post sämtliche Texte zu sammeln, die auch nur irgendwas mit dem Thema zu tun haben. Es wären einfach zu viele. Aber notierenswert ist es schon, daß der olle Reissmann nach Ewigkeiten mal wieder >> Newsletter verschickt, weil er nun beim Spiegel den Titel KI-Direktor trägt.

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