Bussibussigesellschaft
Den Jahresanfang hat Anna/Mangoblüte mit How Blogs destroy Traveling gemacht. Sie beschwert sich, daß viele Blogger “heute das bewerben und morgen jenes”. Und warum? Sapperlot! Um Geld zu verdienen.
Das Besondere am Bloggen ist, dass der Blogger Glaubwürdigkeit verkauft (im Fernsehen ist es klar ersichtlich, wenn Werbung kommt). Man verbindet das Produkt mit der Person.
Man muß die beiden Wörter noch einmal langsam und Silbe für Silbe hintereinander lesen: “Glaubwürdigkeit verkaufen”. Mit anderen Worten: “Die Nutte liebt mich echt.”
Anna liefert die Erklärung für die postulierte Glaubenswürde auch gleich mit: Während im TV die Werbeblöcke immer brav gekennzeichnet werden, bleibt die Sposor-Finanzierung bei Blogs und Social Media gerne im Dunklen. Und ja, ich weiß, daß es bestimmt anders gemeint gewesen ist.
50 Jahre Konstruktivismus und die Honks faseln von Authentizität
— Guenter Hack (@guenterhack) January 4, 2017
Die Branchenpresse formuliert es natürlich etwas vornehmer. So titelt die W&V: Warum wir Bibi und Sami den Laufpass geben sollten. “Leserautor” David Eicher (zufällig Gründer einer Agentur, um deren “Kerngeschäft” es hier geht – womit sei Artikel selbst als Content Eigenmarketing durchgehen kann) grundproblematisiert die “Reichweitenfixiertheit der Unternehmen”, die sich durch “jugendliche Schönheit” und “den richtigen Promi-Faktor” geblendet auf den nextbigthingsten “Heilsbringer” setzten. Für 2016 hieß das:
Damit kam Influencer Marketing so laut und platt daher wie die Humtata-Musi auf dem Oktoberfest.
Gegen die “Strahlkraft einiger weniger Promi-Influencer” plädiert Eicher stattdessen für die leisen Töne der Schleichwerbung. Nur, daß er sie anders nennt. Bei ihm ist das die “Micro-Ebene”:
Influencer, die ihr Know-how im Familienkreis teilen. Teens und Twens etwa, die ihre Eltern in Sachen Online-Banking beraten.
Ernsthaft? Nochmal: ernsthaft? Sogar Lifta weiß seit Jahrzehnten, daß man nicht nur die ansprechen muß, die einen Treppenlift benötigen, sondern auch deren Kinder. Und wenn man tatsächlich auf diesem Level Fürsprecher sucht, dann sollte man sich vielleicht einfach auf die Überzeugungsqualitäten seiner Produkte konzentrieren, statt auch nur einen Cent in die Marketingstrategie zu stecken, damit meine Tochter mir eine neue Kreditkarte andreht oder mich unaufgefordert auf die günstigen Konditionen eines Ratenkredits hinweist.
Und auch er entblödet sich nicht, dafür die Worte “authentisch” und “glaubwürdig” in den Mund zu nehmen.
Sag’s nich’
Nun schreibt Eicher nicht aus Spaß an der Freud, sondern muß als Chef der Webguerillas die Leistungen seiner Agentur an den Mann bringen. Also kommt er im letzten Absatz auf’s Geschäft zu sprechen mit Buzzwords wie “nachhaltige Mechaniken implementieren”, “organisch aus der Marke heraus entwickeln”, “Stakeholder binden” und “langfristiger Image-Uplift”. Und selbst?
Es sieht aus, als würde David Eicher den Twitter-Account @de_webguerillas persönlich führen. Im Profil steht sein Name, verlinkt ist das Agenturblog. Dieses ist nicht nur designtechnisch schon etwas in die Jahre gekommen. Stand 27.01.2017 ist der aktuellste Post dort beinahe vier Monate alt. Die letzten Kommentare sind allesamt Spam (siehe Screenshot). Von den aufgelisteten “Autoren” haben 50 % laut Profilseiten keinen einzigen Eintrag verfasst. Und die “Random Blogroll” besteht aus ganzen fünf (5!) Einträgen, von denen einer doppelt vorhanden ist. Diese Dopplung hat vor zehn (10!) Jahren einen Domainumzug verkündet, deren URL mittlerweile auch nicht mehr erreichbar ist. Ein anderer schreibt seit Jahren nicht mehr. Ein Refresh hat die Sache nicht besser gemacht.
Ach ja, die in der Sidebar verlinkte Facebook-Seite gibt es auch nicht mehr. Nachdem Territory die Guerillas gekauft hat, ist ein Pagemerge wohl zu aufwendig gewesen. Auf der Website steht übrigens in Versalien: WE DON’T TALK ABOUT SOCIAL MEDIA – WE LIVE IT.
Nur mal so.
Ende Teil 1
Jetzt bin ich zur Besprechung zweier weiterer Links noch gar nicht gekommen. Also wird es nach dem Wochenende wahrscheinlich eine Fortsetzung dieses Blogposts geben. Eins noch zum Schluß: Content-Marketing ist übrigens schuld an der Lügenpresse, sagt Siebenhaar im Handelsblatt – Der Medien-Kommissar: Auf dem Weg zum medialen Brei.
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