Partisanenkampf der Buchstaben?

Ich bin Schreiber, verdiene mein Geld mit Texten, Konzepten und Ideen. Dieses Weblog wird aus vielen Gründen betrieben: als Fingerübung und Hobby, aus Spaß an der Meinung und auch ein Stück weit aus dem Verlangen, einfach nur dabeizusein bei dieser Sache, die sie alle Web 2.0 nennen. Ich würde nicht soweit gehen, es als Leidenschaft zu bezeichnen, doch stecken definitiv keine kommerziellen Absichten dahinter.
Nun bin ich auf eine Website namens textguerilla.de/ gestoßen, welche möchte, daß ich eine Petition unterzeichne. Allein, der Inhalt selbiger erschließt sich mir nicht ganz. So heißt es dort oben in der rechten Spalte:

Es nervt!

Keine Texte mehr, die vom Nachbarn geschrieben wurden, weil er mal eine Eins in Deutsch hatte.
Keine Bedienungsanleitungen mehr, die niemand versteht.
Keine Investitionen mehr in Werbeaktionen ohne Response.
Kein “Bitte mal eben schnell drüberschauen”, sondern ein ordentliches Textlektorat.
Und auf Textklau reagieren wir ganz besonders allergisch.

Darunter eine Reklame für mittelmäßig originelle T-shirts. Erst dann folgt unter der Überschrift “Die Petition: Schluss mit schlechten Texten!” eine Verlinkung zu einer Unterschriftenliste. Da liest man dann Folgendes:

Schlechter Text bedroht die Kommunikationswelt. Die ganze Welt? Nein! Eine wachsende Truppe unbeugsamer Profis leistet dem Sprachverfall tapfer Widerstand. Es reicht!

Nun gut, ein eigentlich löbliches Ansinnen, denke ich mir. Bis ich mir Gedanken über den Sinn dieser Aktion zu machen beginne. Was wird hier bezweckt? Wikipedia definiert eine Petition folgendermaßen:

Eine Petition (lat. petitio „Angriff“, „Ersuchen“) bezeichnet eine Eingabe (Bitte oder Beschwerde) an eine zuständige Behörde oder an eine Volksvertretung.

Man fragt sich, welche Behörde beim Thema dieser “Petition” zuständig sein, was die Volksvertretung nach der Einreichung der Unterschriften damit anfangen soll. Die Unterschreiberlinge – unter ihnen Kommaverschluderer wie Steffi Wittig und Dagmar Diebels oder Tanja Schumacher, die meint, ihre Zustimmung mit einem Zitat aus ‘Harry Potter’ bekräftigen zu müssen – können doch nicht ernsthaft wollen, daß schlechte Texte vom Bundestag gesetzlich verboten werden sollen.
Das Ansinnen erinnert mich frappant an die Versuche etablierter Medien, die sogenannte Blogosphäre in Gänze diskreditieren zu wollen. Wer soll entscheiden, wann ein Text gut oder schlecht ist, wenn nicht jeder einzelne Leser/User für sich selbst?

Stichwort: Guerilla

Vielleicht erkennt diese Vereinigung die Staatshoheit deutschsprachiger Länder überhaupt nicht an. Eine vielleicht gar nicht so abwegige Vermutung, heißt es doch im Impressum der Textguerilla lapidar: “Dieses Blog ist ein Gemeinschaftsblog und wird herausgegeben und betrieben von vielen Autoren.” Als Verantwortliche wird eine gewisse Monika Evers aus Halle genannt – bestimmt eine Strohfrau.
Die buchstäbliche Kleinkampftruppe mißtraut bestimmt auch der Internetenzyklopädie Wikipedia, weil da jeder mitschreiben kann. Nichtsdestotrotz sei hier auf den dortigen Artikel zum Begriff ‘Guerilla’ verwiesen.
Zu dem Thema ließe sich sicher noch eine Menge schreiben, doch weiß ich gar nicht, ob es das wert ist. Ich denke, die Textguerilleros werden ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht. Mehr noch, wahrscheinlich wissen sie noch nicht einmal selbst, was für ein Faß sie da aufgemacht haben; nämlich eins ohne Boden.

Ich hatte niemals noch nicht einmal eine eins in Deutsch. Deshalb gehört das letzte Wort dieses Eintrags einem gewissen -alex-, Nr. 137 der Liste. Wenn man den Nagel so auf den Kopf trifft, dann stört mich auch nicht das kleingeschriebene “h” am Anfang:

heult doch! Wir alle haben 26 Buchstaben. Es kommt drauf an, was man draus macht.


11 responses to “Partisanenkampf der Buchstaben?

  1. Ja, Sie haben Recht – ein Fass ohne Boden. Ohne Zweifel. Aber sollte uns das abhalten? Vorauseilender Gehorsam? Ich finde nicht.

    Lassen Sie es uns mal andersherum betrachten: Als Agenturtexter sind Sie in einer anderen Situation, weil Ihre “Konkurrenz” ganz sicher keine pensionierten Deutschlehrerinnen sind (meine auch nicht btw, aber ich kenne genug Texter, die sich damit herumschlagen). Als Agenturtexter stehen Sie sicher auch nicht vor Gericht, um Ihre Texte zu verteidigen, weil sich eben mal jemand bedient hat. Mir ist das dieses Jahr vier Mal passiert. Und es ist kein Ende in Sicht. (Und das Schlimmste sind ja nicht die Diebe selbst, sondern die Selbstherrlichkeit der Richter, die meinen deren Schöpfungshöhe beurteilen zu können.)

    Ich könnte mir also vorstellen, dass Sie als Agenturtexter viele “unserer” Probleme so gar nicht kennen. Vor diesem Hintergrund wirkt unsere Textguerilla für Sie möglicherweise wunderlich, ja, das mag sein. Nein, ich will nicht jammern, aber ich finde, dass Text zum Beispiel vor Gericht zumindest denselben Stellenwert haben sollte, wie eine fotografierte Zwiebel, oder sehen Sie das anders? Und dass die Honorare nicht unter denen Küchenmonteuren liegen sollten. Und so weiter.

    Und diese Petition hat natürlich nur Symbolcharakter – is’ klar, oder?

  2. Nur ein paar kurze, mitternächtliche Worte:
    Es mag sein, daß ich als Agentur- und speziell Werbetexter die Situation der “freien” Buchstabenschubsen nicht vollends beurteilen kann. Tatsache ist, ich habe schon mit einigen zusammengearbeitet.
    Was den Unmut über Plagiate oder noch schlimmeren Ideenklau angeht, den Sie als Hauptpunkt in Ihrem Kommentar äußern, bin ich ganz und gar auf Ihrer Seite. Nur zielt die Petition der Textguerilla doch vornehmlich in eine andere Richtung, wird der Diebstahl geistigen Eigentums nur in einem der Sätze überhaupt erwähnt.

    Und auch wenn Sie jetzt lediglich auf den Symbolcharakter der Aktion abheben, die Website schlägt doch eine andere Tonart an. Sie ist sehr von oben herab formuliert, vom hohen Roß aus wird da beispielsweise ein als “Autosilo” bezeichnetes Parkhaus verlacht. Sie können sich noch so sehr über “pensionierte Deutschlehrerinnen” lustig machen, an der Tatsache, daß es in Deutschland keine wirklich anerkannte Texterausbildung gibt, kommen Sie doch nicht vorbei. Ein jeder darf sich hier nach eigenem Gutdünken als Journalist titulieren, es gibt keine geschützte Berufsbezeichnung. Der Weg, sich um eine Festanstellung zu bemühen, steht auch Ihnen frei.

    Sie werden wohl oder übel mit dahergelaufener Konkurrenz leben müssen. Oder um mit einem Vergleich zu schließen: Als nächstes können Sie ja im Namen guter Musik bei Media Control mit dem Vorschlag vorstellig werden, nur noch die Platten von SängerInnen in den Billboard-Charts zu berücksichtigen, welche zuvor eine amtliche Gesangsausbildung durchlaufen haben.

    Da dann, gute Nacht!

  3. Oh, da haben wir uns wohl gründlich missverstanden! :-) Keineswegs würde ich angestellt arbeiten wollen. Ich kann auch sehr gut mit der “Konkurrenz” leben, den Vergleich scheue ich keineswegs. Im Gegenteil: Ist doch nett, wenn die Kunden nach einem Versuch mit der pensionierten Deutschlehrerin wieder zurückkommen. ;-) Ich würde es den Kunden (abstrakt gesehen, denn meine Kunden engagieren keine Deutschlehrerinnen ;-))) nur gerne einfacher machen und ihnen quasi den Umweg ersparen. ;-) Damit würde nämlich beiden geholfen: den Textern und den Kunden.

  4. Selbst mit der Sprache arbeitend muss ich sagen, dass ich Ihre Kommentare, Herr Drikkes, reichlich schäbig finde. Es sind die Worte eines in fester Stellung gesicherten “Buchstabenschubsers”, der am Ende der Textguerilla-Kampagne von deren Ergebnissen profitieren wollen wird.

    Sie sollten das Ganze vielleicht etwas differenzierter sehen.

    Die Textguerilla besteht u.a. aus Werbetextern, Journalisten, Autoren, Übersetzern, Lektoren und Korrektoren, einige mit der entsprechenden Ausbildung, andere sind vom Literaturstudenten über den Müllmann zum Job gekommen.

    Das Anliegen der Textguerilleros, wie ich es verstehe, richtet sich auch nicht gegen Texter ohne Ausbildung, sondern gegen den Sprachmüll, der allgemein (auch von gelernten Textern) zum Standard erkoren wurde.
    Dazu müssen wir nur die Zeitung oder Bücher aufschlagen, in denen wir über jeden zweiten Satz stolpern, u.a. (aber nicht nur) weil Lektor und Korrektor eingespart wurden.
    Oder denken Sie an die Werbekampagne “Come in and find out”, bei der das Gros der Deutschen nicht wusste, was es übersetzt bedeutete. Und wenn wir uns an das “Public Viewing” erinnern, das ein Veranstalter in die Welt setzte, wird uns das Ausmaß der Nachlässigkeit erst richtig bewusst.

    Würden die Verantwortlichen sorgsamer mit der Sprache und den Bedürfnissen der beinahe resignierten Zielgruppen (Verständlichkeit, Klarheit, Lesbarkeit, Qualität) umgehen, müssten wir diese Diskussion heute nicht führen. Und sowohl Bastian Sick als auch Wolf Schneider wären arbeitslos, oder zumindest tantiemenlos.

    Mir scheint, es geht der Textguerilla nicht nur um die Sorgfalt der Texter, sondern auch darum, dass immer mehr Auftraggeber (mangels Bewusstseins für den Wert guter Texte) einen Hungerlohn zahlen wollen, von dem kein Freier leben kann. Und für den höchstens noch ehemalige Call-Center-Mitarbeiter eine Festanstellung antreten würden.
    So bekommt der Auftraggeber nur noch diesem Preis gemäße Texte von Praktikanten, hauptberuflichen Taxifahrern und ehemaligen Telefonverkäufern. Texte wie “Come in and find out”.
    Welche Kreise das zieht, werden Sie sich mit Ihrer Texter-Phantasie sicher ausmalen können.

    DAS sucht die Textguerilla zu ändern. Übrigens auch zu Ihren Gunsten.

    Für Ihre eigenen Angestelltentexte haben Sie hoffentlich jemanden, der sie nach Einreichen noch einmal Korrektur liest. Jemanden, der womöglich (Gott bewahre!) Mitglied der Textguerilla ist… ;-)

  5. @Susi:
    Nein, nur Sie haben mich mißverstanden. Mir ist schon klar, daß Sie – wie Gregor übrigens auch – sich die Rosinen aus dem Freiberuflerkuchen herauspicken wollen.
    Im Gegensatz zu Ihnen beiden käme ich auch nie auf die Idee, meine eigenen Texte für so brillant zu halten, daß sie das vielfache von anderen wert sind. Ich liefere solide Arbeit und Qualität wird sich am Ende durchsetzen.

    Wenn der Kunde keine guten Texte will, dann ist das sein Problem. Sie dagegen tun so, als ob man Sie zwingen würde, schlechte Texte zu lesen.

  6. Große Güte. Heute wohl einen schlechten Angestelltentag gehabt, hm? ;-)

    Na dann mal frohe Weihnachten – auch ohne die Rosinen, Sie Armer. ;-)

  7. Man braucht mich nicht zu bemitleiden, ich bin mit meinem Job ganz zufrieden. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Wer hat denn hier eine Frustpetition ins Leben gerufen?
    Als Mitglied eines Agenturteams haben wir halt ganz andere Angebotspakete als einzelne Texter. Was nicht heißt, daß ich mich hinter meinen Kollegen verstecke.

    @Gregor:
    Wir bezahlen unsere Korrektoren auch ordentlich.

    Auf das ausgelutschte Argument mit dem Douglas-Slogan (für den die Werbeagentur sicher gutes Geld eingestrichen hat) will ich hier gar nicht weiter eingehen. Sie persönlich können sich ja in ihrem eigenen Sprachgebrauch gegen die Anglifizierung des deutschen Wortguts stemmen, meiner Meinung nach wird jeder Versuch einer Aufoktroyierung von oben auf diesem Gebiet scheitern.
    Die Leute reden – zum Glück! – wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

  8. Herr Drikkes, Sie enttäuschen. Und disqualifizieren sich selbst. Ihre Argumente sind leider hohl und zeugen von einer gewissen Unreife.

    Ich nehme an, Worte wie Solidarität und Gemeinschaft kennen Sie generationsbedingt nur aus Pressemeldungen für Spielfilme über die Alt-68er und die polnischen Werftarbeiter.
    Aber das macht nichts. Kaufen Sie sich weiter Ihre lustigen “feed me”-T-Shirts und spielen Sie mit Ihren lustigen englischen Worten. Ich bin sicher, sollte Ihr Arbeitgeber in nicht allzu ferner Zukunft rezessionsbedingt keinen Bedarf mehr an Ihnen und Ihrem “gewachsenen Schnabel” haben, werden Sie ja von den Ergebnissen dieser “Frustpetition” der Freien profitieren können, Sie Glücklicher.

    Und falls nicht: Call-Center-Mitarbeiter und Müllmänner werden ja immer gebraucht.

    Ihre Argumente gegen die Textguerilla kann man jedoch, das haben Sie hier bewiesen, nicht ernst nehmen.

  9. Gregor sagte:
    Mir scheint, es geht der Textguerilla nicht nur um die Sorgfalt der Texter, sondern auch darum, dass immer mehr Auftraggeber (mangels Bewusstseins für den Wert guter Texte) einen Hungerlohn zahlen wollen,

    Antwort:
    Das stimmt, es gibt viele unbedarfte Auftraggeber – häufig kleine und mittelständische Unternehmen – die nicht wissen, wie viel Arbeit ein guter Text macht und wie teuer er deshalb ist.

    Wenn man ihnen aber aufzeigt, dass sie mit einem guten Text geschäftlich verdammt viel erreichen können, dann spielt der Preis meist nicht mehr die Rolle. Ein Mailing, das einen super Response und entsprechend viele Bestellungen generiert, darf dann schon was kosten. Wer das mal kapiert hat, ist auch bereit für guten Text etwas zu bezahlen. Alle anderen kann man als Kunden sowieso vergessen.

    Gregor sagte:
    So bekommt der Auftraggeber nur noch diesem Preis gemäße Texte von Praktikanten, hauptberuflichen Taxifahrern und ehemaligen Telefonverkäufern.

    Antwort:
    Ja, und das ist auch gut so. You get what you pay for it, sagt der Amerikaner. Oder andersrum gefragt, was stört mich das als professioneller Werbetexter? Ein Berufsmusiker vergleicht sich doch auch nicht mit dem Hobbyklimperer

  10. @Rudolph:
    Schön, daß Sie die ‘Angelegenheit’ ähnlich sehen wie ich.

    @Gregor:
    Fragt sich, wer sich hier disqualifiziert. Doch wohl eher der anonyme Kommentator, der dann auch noch persönlich wird. Fein, Sie haben meine ehemaligen Nebenjobs ergoogelt, dann sind Sie ja sicher auch über meinen Magister in Germanistik gestolpert.

    Ich bin keineswegs ein egozentrisches Arschloch. Bloß, weil ich mich mit den aus Ihrer Sicht falschen Leuten solidarisiere, heißt das nicht, mir wäre jegliches Gemeinschaftsgefühl fremd. Ihre Argumentation ist so hoffungslos 1.0, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, Ihnen das zu erklären.

    Ich bin es auch leid, die hier von Rudolph, -alex- oder mir vorgebrachten Argumente ständig zu wiederholen. Sie nennen selbige “hohl und unreif”, begründen das aber mit keinem Wort.
    Ihre Sichtweise der Situation ist äußerst einseitig und berücksichtigt einzig die Interessen einer bestimmten Schreibersparte.

    Zitat James Goldsmith: “If you pay peanuts, you get monkeys.”
    Und für so jemanden möchten Sie arbeiten, nur weil Sie ihn dazu gezwungen haben, noch eine Banane obendrauf zu legen? Schön, dann kommen wir uns ja nicht ins Gehege.

  11. Ich lese ja gerade, wie in einem späteren Beitrag erwähnt, das Buch Marke Eigenbau. Das Kapitel

    1.3 Critical Mass: Von Massen und Marken

    kann auch für die Produktion von Texten und die Sichtweisen darauf interessant sein.

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