Oberflächen

Der Sinn hinter den Dingen, vielbeschworen. Als ob es
da etwas gäbe. Alles Einbildung, meistens kollektive. Das gilt (bitte denken Sie in jedem Satz dieses Posts ein meiner Meinung nach hinzu) ganz offensichtlich für den Hokuspokus sämtlicher Religionen, aber auch in etwa sprichwörtliche Banalitäten wirkt diese allgemeine, uralte Wunschvorstellung hinein. Natürlich auch bis in dieses nicht mehr ganz so blitzmoderne Internet. So muß ich mich jedesmal aufs Neue selbst daran erinnern, statt OMG! eben OMneG! zu tippen. Doch will ich niemanden überzeugen; der zuweilen missionarische Eifer von Atheisten ist mir derart zuwider, daß ich mich selbst lieber als Agnostiker bezeichnet sehe. Ich schweife ab.

Ich kokettiere ja gerne mit meiner Oberflächlichkeit, was nicht komplett gelogen ist. Aber die Erklärungen hinterherzuschieben, das bin ich schon lange leid geworden. Das Entlarven der Seele als Konstrukt. Das ständige Parieren immer neuer hermeneutischer Zirkelstechereien, der Autor und sein Werk, oh ja. Da sind sie auch ein paar Etagen tiefer immer noch hinterher, die ganzen Klatschtanten und Tratschonkel. Der Gang über den roten Teppich vor der Filmpremiere wird da mindestens genauso wichtig wie die schauspielerische Leistung auf der Leinwand. Da kann man ja seinen Spaß dran haben, will ich mich selbst gar nicht völlig von ausnehmen, aber dann bitte mit dem gebotenen reflektorischen Abstand. Doch was kommt meistens dabei heraus? Mit ironischer Trash-TV glotzen, geht in Ordnung, wenn man sich zeitgleich via Twitter über das Gesehene lustig macht. Und dann ein paar Klicks weiter macht sich die neue Spreizbeinigkeit breit. Diese onlaunige Unmittelbarkeit des Mediums, das real time web fordert das Verlangen nach Authentizität geradezu heraus. Oups, schon hat man Erzähler mit Autor gleichgesetzt, wie derzeit gerne bei Helene Hegemanns Axolotl Roadkill.

Was interessiert mich der Autor? Alles, was zählt, ist der Text. Und zwar, was er mir (persönlich) sagt, was ich aus ihm ziehe; nicht was der Schreiber (mir) damit sagen will. Wenn es eine höhere Ebene gibt, dann ist das der Diskurs. Aus.

Dieses Plakat haben experimentaljetset.nl/ für eine Charity-Aktion zum Thema Lungenkrebs entworfen. Steh ich als Raucher drüber. Für eine existentialistische Lebenshaltung dagegen muß man sich heutzutage mehr rechtfertigen als (hier bitte einen Vergraemer-Tweet einfügen). Dabei sollte man seinen Mitmenschen mal wieder etwas wie Camus’ Der Fall empfehlen, social marketing 2.0 liegt doch voll im Trend. Für mich immer noch mit Abstand das beste, was über Scheinheiligkeit zu Papier gebracht worden ist.

Überhaupt Bücher: Man könnte den Spieß ja mal umdrehen. Statt dieser schicken Designs von Facebook, YouTube, Tumblr & co im Vintage Look, könnte man auch die aktuellen Startseiten dieser Webservices ausdrucken und sich daraus Schutzumschläge für Literaturklassiker basteln. Wird man in der Straßenbahn auch nicht schräger für angeguckt. Geht aber auch anders.

Manchmal sollen Sachen einfach nur gut aussehen. Sowas findet man dann praktisch auf fffflckr.com/, einer flickr-Favoritensuche. Man kann sich auch mal ohne Hintergedanken die diesjährigen Nominierten für den animierten Kurzfilm-Oscar anschauen. Oder beispielweise das unten eingebettete Showreel von universaleverything.com/.

Universal Everything Reel / 2010 from Universal Everything on Vimeo.

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