Der Anlaß für diesen Post hier und jetzt (also mindestens einen Tag zu spät): Der manchmal zur Skandalisierung neigende Herr Richel hat doch tatsächlich in einem durch und durch kommerziellen Bloggespinst Werbung entdeckt. Die hier absichtlich nicht verlinkten Beauty- und Fashionblogs von glam.de/ erwähnen einen die Berlin Fashion Week sponsornden Wasserfabrikanten mehr als mehrfach, ohne explizit darauf zu verweisen. Das Getränk findet in all den Posts noch nicht einmal eine lobende, sondern einfach nur überhaupt eine Erwähnung. Also Schleichwerbung im eigentlichen Sinne, vergleichbar mit in Filmen vorkommenden Bierflaschen eines bestimmten Brauereikonzerns oder dem nigelnagelneuesten Modell einer einer gehobenen Automobilmarke als Dienstwagen eines Tatort-Kommissars. Das ist einerseits übertrieben, andererseits unkorrekt, aber nicht wirklich exorbitanter Aufregung wert. Doch immerhin ist es Anstoß für eine Diskussion via Twitter gewesen, in meiner Timeline vor allem zwischen diesen drei Personalien.
sebaso @mathiasrichel @mymartina aber müssen fashionblogs nicht eh die kennzeichnung “dauerwerbesendung” tragen? Nilzenburger @sebaso aber wieso verdient der blogger daran etwas zu empfehlen, weil er es empfehlen möchte? und jetzt komm mir nicht mit klicks…! :) kumullus @Nilzenburger @sebaso Wir bei den @sneakergirls empfehlen z.B. auch einfach nur, weil wir Dinge gut finden & der Welt erzählen wollen. Nilzenburger @kumullus ich weiss, hab ich auf dem weltfrieden auch schon gemacht. macht jeder! andauernd! aber @sebaso vermutet überall vorteile..:) kumullus @Nilzenburger Ich glaube, @sebaso glaubt manchmal, er sei der Einzige, der noch aus Überzeugung schreibt. Schade, das. sebaso @Nilzenburger @kumullus ich Rede von fashionblogs, deren Hauptzweck Produktempfehlungen sind (was ich nicht falsch finde) Nilzenburger @kumullus nein, das glaube ich nicht. der weiß ja auch, warum wir schreiben. aber @sebaso denkt halt manchmal noch öffentlich-rechtlich :) Nilzenburger @sebaso das ist aber alberne haarspalterei: wo ist mode kunst und wo gebrauchsgegenstand? und was darf man empfehlen und was nicht? kumullus @Nilzenburger Es geht nicht um Kunst vs. Gebrauchsgegenstand sondern um Kultur, die eben interpretiert wird. Kommerziell & inhaltlich. Nilzenburger @sebaso ? was sie ja nicht könnten, wenn im zentrum nicht auch der sport stünde? oder meinst du die würden quoten mit “frisbee-wm” machen? sebaso @Nilzenburger man darf alles empfehlen, man sollte es halt nur kenntlich machen, wenn die Empfehlung durch außen motiviert ist. Nilzenburger @sebaso anders: wenn jemand sagt “hier, zeig das, ich geb dir dafür xy”, dann ja: kenntlich machen. wenn ich selber was entdecke, dann nö.
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Die strikte Trennung von bloß privaten auf der einen und rein kommerziellen Angeboten auf der anderen Seite zeichnet kein realistisches Bild der Bloglandschaft. Und es wird eher komplizierter als gegenüberstellend einfacher; die Grenzen werden noch mehr verschwimmen. Ich habe sicher schon öfter in Beiträgen zum Beispiel ein Konzert erwähnt, ohne dabei zu betonen, daß ich beziehungsweise umsonst reingekommen bin. Und bestimmt habe ich statt Einwegwindel mal Pampers oder statt Papiertaschentuch eben Tempo geschrieben.
Obwohl ich theoretisch geneigt bin, @sebaso im Grunde genommen recht zu geben, sehe ich doch ein, wie schwierig das in der Praxis durchzuhalten ist. Und diese Haltung darf auf gar keinen Fall zulasten der im Grunde meistens positiven Kommunikationsstimmung im Netz gehen. Denn von einigen Shitstorms abgesehen, ist es eine gute Sache, daß Netzschreiber in der Regel Sachen verbreiten, die Ihnen gefallen und selten meinen, aus Credibilitygründen auch ab und zu etwas kritisieren zu müssen. Nicht immer ist es so einfach, zwischen einem sympathisch euphorisierten (wie etwa dem sneakergirlsblog.de/) und den vielen sich in der Hoffnung auf Werbepartner einfach nur anbiedernden Hurrablogs unterscheiden zu können.
(Kind of disclaimer: Ich bin jedenfalls froh, daß mein Unteranderem-Arbeitgeber das besser als glam.de/ geregelt hat.)
Den Trailer da oben finde ich interessant, ich bin gespannt auf den Film und das schreibe ich hier gratis. Verrate dafür aber, wo ich’s herhab. Warum nerdcore.de/ im Gegensatz zu etwa sexdrugsblognroll.de/ oder amypink.com/ darauf verzichtet, seine Zugehörigkeit zum Glam Publishers Network prominent auf der Startseite zu platzieren und die Erwähnung dieser Connection lieber ins Impressum verbannt, kann ich mir ungefähr ausmalen. Mit sehr bunten Stiften.
Nachtrag // Mathias Richel faßt die Verfehlungen des betreffenden Lifestyle-Blogs kurz und knapp zusammen. (Falls aus meinem wirren Geschreibsel mal wieder niemand schlau wird.) Und der boschblog.de/ sieht den Vorfall unter Einsatz des Sloganizers von der humorigen Webseite.
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